Montag, 23. Juni 2014

Die Wasserträger des DFB

Die Wasserträger des DFB

ARD und ZDF präsentieren sich bei der Fußball-WM als PR-Truppe des Deutschen Fußball-Bundes. Ein Kommentar zu einem Festival der Anbiederung und Schleimerei vor 24 Millionen Zuschauern.
© DPAVergrößernEine WM wie eine Traumschiff-Episode: ARD und ZDF sind ganz dicht dabei
Schon in der ersten Woche haben ARD und ZDF geschafft, was vor der Fußballweltmeisterschaft niemand für möglich gehalten hätte: Die Frage völlig in den Hintergrund zu drängen, wessen Kommentare schwerer zu ertragen sind, die von Steffen Simon oder Wolf-Dieter Poschmann. Klar, manchmal würde man sich schon noch wünschen, dass die neuen Wunder-Apps der Sender, mit denen die Zuschauer jedes Spiel aus siebenundvierzig Perspektiven anschauen können, auch wenigstens eine Option für einen Reporter mit Sachverstand beinhalten würden. Dass man aber gegen die Kommentatoren gar nichts sagen möchte, liegt daran, dass man die Nörgelei an all ihren missratenen Metaphern und falschen Interpretationen komplett vergisst, sobald das Spiel zu Ende ist. Und die Vor- und Nach- und Drumherum-Berichte über das deutsche Team beginnen. Bei dieser WM haben sie neues Niveau erreicht: an Opportunismus und Anbiederei.
Es stimmt schon, dass es, für die Fans der deutschen Nationalmannschaft, nicht sehr viel zu meckern gab in diesen ersten Tagen, nicht am Auftritt des Teams und schon gar nicht am Spiel. Dass man trotzdem extrem schlechte Laune bekommen konnte nach dem Sieg gegen Portugal, lag also nicht daran, dass die Jubelberichterstatter der offiziellen Fifa-Partner-Sender auf kritische Fragen verzichteten, auf Relativierungen der guten Leistung oder auf Warnungen vor drohendem Hochmut. Sondern daran, dass man bei all den Aufnahmen, die man aus dem Quartier der deutschen Mannschaft zu sehen bekam, jenen Vergötterungsclips von Jogi Löw beim Joggen am Strand oder von Lukas Podolski beim Scherzen am Pool, nicht wusste, ob es sich noch um Werke der Sportredaktionen handelt – oder schon um solche des DFBs und seiner Sponsoren. Wo der Unterschied liegt zwischen journalistischer Begeisterung und distanzloser Anbiederung, scheint man sich bei ARD und ZDF nicht einmal zu fragen.

Jubelperser von Fifa und DFB

Die sorgfältig recherchierenden Kollegen des „ARD-Morgenmagazins“ etwa haben in dieser Woche herausgefunden, dass nicht nur der notorische Spaßvogel Podolski mit einem Dauergrinsen herumläuft, sondern auch der dafür weniger bekannte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach und Manager Oliver Bierhoff. ZDF-Groupie Katrin Müller-Hohenstein bewunderte im Gespräch mit Co-Trainer Hansi Flick erst dessen braungebrannte Haut und konfrontierte ihn dann mit dem als Frage verkleideten Kompliment, ob er das „Taktikhirn“ von Jogi Löw sei. Sie blieb am Ende genauso unbeantwortet wie die Frage, die sie Anfang der Woche den Zuschauern des „heute journals“ stellte: Blufft Joachim Löw nur? „Oder ist der wirklich so cool?“
Auf die Frage, warum das öffentlich-rechtliche Fernsehen sich ungeniert als Wasserträger des DFB präsentiert, ob sie ihre Schleimereien als Dienst an der Nationalmannschaft begreifen oder nur sich selbst als Parasiten ihrer Popularität, auch darauf möchte man lieber gar keine Antwort haben. Das Einverstandensein geht so weit, dass man auch über den Euphoriepartner Fifa kaum Böses sagen möchte; und wenn es doch passiert, wie bei Matthias Opdenhövels Kommentar über die „schwindeligen Fifa-Flöten“, der im Internet-Livestream zu hören war, dann handelt es sich nur um eine Panne. Mal sehen, wann sich die ARD dafür entschuldigt, versehentlich kritische Töne getroffen zu haben.
Dass die Fifa das Bild bestimmt, das die Zuschauer von den Spielen haben, ist längst bekannt. Wer sieht, wie das deutsche Fernsehen darüber berichtet, den befällt der Verdacht, dass sich auch dessen Redaktionen an Statuten halten müssen, die vorschreiben, ordentlich mitzujubeln. Oder, was es noch schlimmer macht: dass es solche Klauseln doch nicht gibt.
Am Donnerstag überraschte Katrin Müller-Hohenstein dann auch mit einer kritischen Haltung. Warum er manchmal so mürrisch wirke, wollte sie von Mario Götze wissen. Sie müssten konzentriert bleiben, versuchte Götze sich zu entschuldigen, und deshalb eben die Euphorie manchmal ein wenig bremsen. Irgendwer muss das ja tun.

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